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Kategorie: Schule der Zukunft

Schule 2030
Neue Welten brauchen neue Strukturen – Schule 2030

Rückblick auf die Konferenz ‘Schoul fir eng Welt, déi séier ännert’ in Luxemburg

Als Pferdekutscher vor rund 150 Jahren gefragt wurden, wie sie ihre Leistungen im Hinblick auf die Fahrt des ersten Autos optimieren könnten, war ihnen die Bedeutung wohl kaum klar. Heute wissen wir: Die Option “schnellere Pferde” war keine Lösung.

Drei vergleichbare und aktuelle Meldungen, aus ganz unterschiedlichen Quellen:

  • Stand heute: Der aktuelle OECD Bericht, der auf Zahlen aus 2012 beruht, weist darauf hin, dass jeder vierte 15-jährige in Luxemburg nicht über Basiskenntnisse in Mathematik verfügt und 22% große Schwierigkeiten im Lesen und in den Naturwissenschaften haben. 11,6% der Schüler brechen die Schule ohne Abschluss jährlich ab. Die Gründe sind seit Jahren bekannt, die Lage hat sich im Vergleich zu den Vorjahren verschlechtert.
  • Blick nach morgen und über die Grenze: Gemäß einer 2015 veröffentlichten Studie von A.T. Kearney wird es in 20 Jahren in Deutschland 50% der heutigen Arbeitsplätze nicht mehr geben. Berufsausbildung und Berufsbilder stehen vor einem radikalen Wandel. 
  • Entwicklung seit 15 Jahren: Stichwort “Arbeiten 4.0″ – seit Beginn des 21. Jahrhundert ändert sich die Produktionsweise dank der wachsenden Vernetzung und zunehmenden Kooperation von Mensch und Maschine grundlegend. Neue Produkte, neuer Bedarf und neue Dienstleistungen entstehen. Der kulturelle und gesellschaftliche Wandel stellen Vorstellungen von “Arbeit” in Frage. Rollen, Aufgaben und Inhalte werden zwischen Individuen, Sozialpartnern und dem Staat neu ausgehandelt.

Was bedeutet das für Schule und Bildung in Luxemburg? 

Zielführend erscheint ein “Welten-Denkbaukasten” zu sein, den der Luxemburger Nachhaltigkeitsrat CSDD unter der Leitung von Francis Schartz sowie die Universität Luxemburg in einem 2,5-jährigen, partizipativen Prozess mit über 100 Experten aus Bildung, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aus dem In- und Ausland entwickelt und der Öffentlichkeit zur Diskussion und Anwendung angeboten hat. Konkret handelt es sich um drei Szenarien für Luxemburg im Jahr 2030, die alle Bereiche des Lebens wie z.B. Umwelt und Ressourcen, Wirtschaft und Finanzen, Technologie und Forschung, Demographie und Migration sowie nationale und internationale Machtverteilung umfassen.

Gemäß Frau Dr. Ariane König, Senior Researcher an der Uni Luxemburg und Leiterin dieses Projektes, ist jedes Szenario in sich stimmig und realistisch. Jedes stellt andere Anforderungen an das Schulsystem im Jahr 2030. Jede dieser Welten lässt die notwendigen Handlungen offen. Ziel dieser Szenarien ist es, dass in einem moderierten, unparteiischen, zielführenden und partizipativen Prozess nachhaltige Antworten auf diese Herausforderungen entstehen und umgesetzt werden.

Soweit so gut, wenn nicht die Schüler, die 2030 die Schule verlassen, bereits heute in der Spielschule wären und kein Lehrer, keine Eltern und kein politisch Verantwortlicher weiß, welche Welt diese Kinder in 14 Jahren vorfinden werden. Der Veränderungsdruck auf das System Schule und seine Akteure ist sehr hoch. Daher sollen diese Szenarien als Gedankenrahmen für eine Diskussion auf gesellschaftlicher, organisatorischer und individueller Ebene dienen, wie Schule und Lernen in der Zukunft gestaltet wird. Die detaillierten Szenarien sind unter http://www.csdd.lu zu finden.

Viele beteiligten Fachleute, gleich welcher politischen Herkunft, ob aus Gewerkschaft, Kammer oder Unternehmen sowie Sprecher aus Schulen waren sich innerhalb dieses Projektes einig: Schule in Luxemburg muss grundlegend neu definiert werden, von der reinen Wissensvermittlung hin zur Übermittlung von Kenntnissen, wie Probleme, die wir heute noch nicht einmal ahnen, gelöst werden können. Der Sprachenvielfalt sowie der unterschiedlichen Potentiale der Kinder müssen Rechnung getragen werden. Die Kinder werden Methoden und Kompetenzen erlernen, in einer Welt mit wachsender Unsicherheit ihren Weg zu finden. Kurzum, nicht reproduziertes Wissen, sondern kreatives Denken braucht eine Struktur. Zu recht hat Minister Meisch in diesem Zusammenhang die Vielfalt der zukünftigen Schulmodelle und die höhere Autonomie der Schulen erwähnt.